Wölfe in Deutschland gehören dazu
Neue Umfrage zur Akzeptanz von Wölfen
30. April 2024 - Wölfe in Deutschland werden von einer Mehrheit akzeptiert. Das wird aus einer aktuellen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des NABU deutlich. Demnach finden es 73 Prozent der Befragten erfreulich, dass Wölfe wieder hier leben.
Seit Anfang der 2000er Jahre gibt es wieder freilebende Wölfe in Deutschland, in einigen Bundesländern sind sie seit über 20 Jahren wieder beheimatet.
Mehr Sachlichkeit in Medien und Politik erwünscht
Das Interesse der Menschen am Wolfsthema ist wie in den letzten Jahren hoch: 71 Prozent aller Befragten gaben an, dass sie sehr beziehungsweise eher interessiert an Wölfen seien. In Regionen mit Wolfsvorkommen liegt das Interesse sogar bei 79 Prozent. Dieses grundsätzliche Interesse an Wolfsdebatten wissen auch Medien sowie Politik zu nutzen – mit Wölfen lassen sich Schlagzeilen und Wahlparolen kreieren, die Sachlichkeit bleibt dabei oft auf der Strecke.
Dies finden wohl auch die insgesamt 62 Prozente der Befragten, die sagten, die von Wölfen ausgehenden Risiken würden in den Medien übertrieben dargestellt. Wie wichtig das Medienangebot für die im besten Fall sachliche Informationsarbeit ist, zeigt sich an den 79 Prozent, die angaben, sich überwiegend über die aktuelle Medienberichterstattung zu informieren.
„Leider wird immer noch versucht, gezielt Angst mit dem Wolf zu schüren“, kritisierte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Das wird der tatsächlichen Situation der Wölfe in Deutschland und der Wahrnehmung der Menschen nicht gerecht. Anstelle aufgeregter Stimmungsmache müssen wir mehr entlang der tatsächlichen Probleme und Lösungen diskutieren.“
Zum Wolfsmanagement gehört auch die Handlungsfähigkeit
In den Ausnahmefällen, in denen ein Wolf den empfohlenen Herdenschutz überwunden hat, akzeptiert auch der NABU als letztes Mittel einen Abschuss. Dass Wölfe dort, wo sie Nutztiere trotz Herdenschutz reißen, kontrolliert abgeschossen werden sollten, befürworten 46 Prozent der Befragten. Im Gegenzug lehnen dies 42 Prozent ab. Am ehesten befürworten die Befragten den kontrollierten Abschuss mit bis zu 65 Prozent, beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Zustimmung ist vor allem in den Bundesländern hoch, in denen seit vielen Jahren Wölfe leben und eine Routine mit Herdenschutz und der kritischen Betrachtung von Wolfsverhalten entstehen konnte. Zu einem gelungenen Wolfsmanagement gehört neben Informationen, Herdenschutz und Monitoring auch die schnelle Handlungsfähigkeit, falls ein Wolf problematisches und ungewöhnliches Verhalten zeigen sollte.
„Zu suggerieren, durch einen einfacheren und häufigeren Abschuss von Wölfen würde der Herdenschutz erleichtert, führt an der Realität vorbei und erzeugt falsche Hoffnungen auf einfache Lösungen“, erklärt NABU-Wolfsexpertin Marie Neuwald. Herdenschutz ist dort notwendig, wo es Wölfe gibt – denn auch ein einzelner Wolf kann eine Gefahr für ungeschützte Weidetiere darstellen.
Das braucht es von der Politik
Rechtlich gesehen gibt es die Möglichkeit, im äußersten Falle eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss zu erteilen – es braucht hierfür keine Gesetzesänderung. Das bekräftigte auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke im vergangenen Winter in der Umweltminster*innenkonferenz. Eine Aufnahme ins Jagdrecht ist ebenso wenig von Nöten oder sinnvoll. Damit sind nämlich gleich zwei Behörden für die Entscheidung über Abschuss zuständig – was noch mehr Zeit in Anspruch nimmt. Vielmehr braucht es klare, praktikable Handlungskaskaden auf Ebene der Bundesländer.
Rissstatistiken von Weidetieren müssen transparent gemacht werden, um eine potenzielle Abschussgenehmigung von Wölfen bewerten zu können. Eine einheitliche Rissstatistik über die Bundesländergrenzen hinweg wäre wünschenswert, um eine Deutschlandweite Vergleichbarkeit herzustellen. Essentieller Bestandteil für schnelle Handlungsfähigkeit im Wolfsmanagement sind Angaben zum Alter beziehungsweise Gesundheitszustand eines gerissenen oder verletzten Tieres und Angaben zum Herdenschutz. Angaben zu Grund- oder Basisschutz von Weidetieren hat keine Relevanz für die Entscheidung über eine mögliche Entnahme eines Wolfes. Relevant dafür ist, ob der sogenannte zumutbare Herdenschutz überwunden wurde.
Herdenschutz ist der einzige Weg zu einem möglichst konfliktarmen Miteinander von Wölfen und Weidetierhaltung. Der NABU fordert daher auch die Landnutzer-Verbände daher auf, gemeinsam mit Betroffenen und Naturschutz für eine bessere Förderung und Anwendung der etablierten Herdenschutzmaßnahmen einzustehen.
Der NABU sieht sich durch die Ergebnisse der Umfrage bestätigt
Wölfe sind heimische Wildtiere, die von einem Großteil der Bevölkerung akzeptiert werden und die ihnen eine Daseinsberechtigung zusprechen. In den Fällen, in denen Wölfe problematisches Verhalten zeigen, kann und sollte gehandelt werden. Dies muss jedoch ohne Hetze und geordnet geschehen. Dafür haben die Bundesländer gemeinsam mit den beteiligten Interessensgruppen Sorge zu tragen. Wölfe sind für viele Menschen keine Besonderheit in Deutschland mehr, sondern gehören in unsere Landschaft. Ebenso sollte der mediale, politische und praktische Umgang mit den Wildtieren sein.
Am 13. März haben sich die Bundesländer mit den meisten Wolfsrudeln auf neue Modalitäten zum schnelleren Abschuss von Wölfen bei Nutztierrissen geeinigt. Der NABU Sachsen nimmt dies zum Anlass, um noch einmal auf die wichtigsten Zusammenhänge zwischen Wolf und Herdenschutz hinzuweisen. Mehr →