Sachsens Wälder im Umbruch?
Für einen vorausschauenden Umgang mit dem Wald
21. März 2024, Internationaler Tag des Waldes – Anlässlich des Internationalen Tag des Waldes am 21. März warnt der NABU Sachsen vor einem Ausverkauf der Wälder und Forste. Denn der Beschleunigungsdruck beim Ausbau der Erneuerbaren Energien macht derzeit auch vor ihnen keinen Halt. Dass unsere Wälder naturnäher und anpassungsfähiger werden müssen, damit sie Wetterextremen wie Dürre, Stürmen und schädlichem Insektenbefall widerstehen können, ist nichts Neues. Die Waldstrategie 2050 stellt ein Bekenntnis zu langfristig klimastabilen Mischwäldern dar, für die ein umfassender Waldumbau und ein Umdenken in der Bewirtschaftung notwendig ist. Stattdessen bedrohen nun nicht nur die sich ändernden klimatischen Verhältnisse die Wälder und Forste, sondern auch Windräder und Photovoltaikanlagen.
„Wälder sind heute wichtiger denn je – und das nicht nur als Lebensraum für Flora und Fauna“, betont NABU-Landesvorsitzende Maria Vlaic. „Ein gesunder, naturnaher Wald erfüllt Ökosystem-leistungen, die für den Menschen von überragendem Interesse sind: Er ist Wasserspeicher und -filter, Sauerstoffproduzent und Luftreiniger. Natürlich auch Holzlieferant, Erholungsgarant und Umweltbildner, aber nur, wenn der Wald naturnah entwickelt und nachhaltig bewirtschaftet wird. Alles muss dafür getan werden, Forste umzubauen, eine vielfältige Habitatstruktur zu schaffen, sie in eine naturnähere Bewirtschaftung zu überführen und den Wasserhaushalt im Boden wiederherzustellen. Nur so erreichen wir anpassungsfähige Wälder, die alle Ökosystemleistungen verlässlich erfüllen können.“
Sachsens Wäldern geht es schlecht
Jedes Jahr veröffentlicht Sachsen einen Waldzustandsbericht zu der Vitalität der sächsischen Wälder und Forste. Daraus geht seit einigen Jahren ein besorgniserregendes Bild hervor: Trockenheit, Stürme und zum Teil auch Waldbrände haben den meisten Beständen deutlich zugesetzt. Die Folge sind geschwächte Bäume, die anfällig sind für Pilze und Schadinsekten, auch für den Laien zu erkennen an lichten Baumkronen. Mehr als ein Drittel der Waldbäume weisen deutliche Schäden auf. Am stärksten betroffen ist die Fichte, die in manchen Regionen Sachsens fast vollständig ausgefallen ist. Aber auch die Eiche leidet deutlich.
„Der Zustand des Waldes ist eine Folge der Klimakrise auf der einen Seite und der wirtschaftsorientierten Landnutzung auf der anderen Seite. Mit der Waldstrategie 2050 hat sich die Regierungskoalition des Freistaates den Umbau zu naturnahen und langfristig klimastabilen Mischwäldern auf die Fahnen geschrieben. Stattdessen stellt der Bau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen in oder direkt an Beständen nun eine weitere Bedrohung dar. Und das, obwohl Windenergie im Wald von der aktuellen Regierungskoalition ausgeschlossen wurde. Damit rücken die selbstgesteckten Ziele des Freistaats in weite Ferne“, so Vlaic.
Rodung für den Klimaschutz?
In Schleife (LK Görlitz) hat der NABU Sachsen nun erneut Stellung zu drei Planungen genommen und sich gegen die Rodung von 180-200 Hektar Wald (im Sinne des sächsischen Waldgesetzes) ausgesprochen. Angrenzende Waldstücke sollen mit über dreißig Windrädern bestückt werden – auch das nimmt dem Wald seinen Wert als Lebensraum. Zwar müssen die Eingriffe ausgeglichen werden – die entsprechenden Flächen befinden sich aber zumeist nicht in unmittelbarer Nähe, sondern in einem Umkreis von 30 bis 50 Kilometern Entfernung. Ein weiterer Fall ist die renaturierte Deponie Seehausen (bei Leipzig). Auch hier sollen zur Produktion vermeintlich sauberer, grüner Energie mehrere Hektar Wald geopfert werden. Von Klimaschutz kann bei derartigen Planungen kaum die Rede sein.
Doch auch indirekt sind Wälder vom Ausbau der Erneuerbaren betroffen: Im Neukirchner Wald schlägt die Zuwegung zu Windkrafträdern breite Schneisen in den Wald und stört so das Waldinnenklima, sorgt für Austrocknung und Zerschneidung von Lebensräumen. Gerade Windanlagen sind eine Todesfalle für Vögel, Insekten und Fledermäuse. Die Tiere geraten in die Rotorblätter oder werden durch den erzeugten Luftdruck getötet. Zudem bedeuten die Rodungen einen erheblichen Quartierverlust.
In enger Kooperation mit dem NABU-Landesfachausschuss für Fledermausschutz hat der NABU Sachsen eine Stellungnahme zum Leitfachen „Fledermausschutz an Windenergieanlagen im Freistaat Sachsen“ abgegeben. Die gesamte Stellungnahme können Sie hier einsehen.
Wir befinden uns in einer Naturkrise – Klimawandel und Artensterben sind gleichermaßen drängende Herausforderungen für Politik und Gesellschaft. Um diese Krisen einzudämmen, müssen wir sie zusammendenken, denn ohne den Schutz der Biodiversität sind auch die Bemühungen zum Klimaschutz langfristig vergebens.
Forderungen des NABU Sachsen zu den Landtagswahlen
Ungeachtet der herrschenden Restriktionen im Bereich Erneuerbare Energien spricht sich der NABU Sachsen deutlich gegen die Errichtung von Windkraft- und Photovoltaikanlagen in Wäldern aus. Zudem fordern wir:
- eine nachhaltige Forstwirtschaft mit einem definierten Rahmen für die wirtschaftliche Nutzung und einem an den Klima- und Naturschutzzielen ausgerichteten Waldumbau sowie die Naturverjüngung heimischer Baumarten, wo immer sie möglich ist.
- die konsequente Förderung der Biotopvielfalt durch die Anlage und Entwicklung von Strukturelementen wie Kleingewässern, Waldwiesen und typischen Alters- und Waldrandstrukturen.
- ein sachsenweites Totholzkonzept für die staatseigenen Wälder und Forste, das den Umgang mit stehendem Totholz und Kronentotholz auch in Bezug auf Verkehrssicherung einschließt.
Alle NABU-Forderungen zur Landtagswahl 2024 sind zu finden unter www.naturwaehler.de.