Sächsischer Umweltminister Schmidt stellt „Moderne Umweltpolitik mit innovativen Lösungen für Sachsen“ vor
NABU Sachsen fordert aktives Handeln für die Natur
18. April 2019 - Der Freistaat Sachsen setzte sich 2009 mit einem Programm und dem Maßnahmenplan „Biologische Vielfalt 2020“ das Ziel, den Rückgang der biologischen Vielfalt im Freistaat bis zum Jahr 2020 aufzuhalten und idealerweise den Trend sogar umzukehren. Auch der NABU Sachsen verknüpfte das Thema auf zwei Naturschutztagen mit den Schwerpunkten Artenvielfalt in der Agrarlandschaft sowie gesunden Wäldern und intakten Gewässern. Wer jedoch in der Fachregierungserklärung 2019 zur Zielsetzung des Maßnahmenplans, bis 2020 das Artensterben zu stoppen, konkrete Aussagen seitens des Staatsministers Thomas Schmidt erwartet hat, wird enttäuscht. Lediglich ein Satz weist auf die Existenz des Programms hin. Auch beim Thema Landwirtschaft zielt Schmidt vorrangig auf Digitalisierung und robotergesteuerte Maschinen ab – so wichtige Themen wie eine andere Flächenbewirtschaftung durch extensive Grünlandnutzung und Fruchtfolgen jenseits von Mais, Raps und Getreide spielen kaum eine Rolle. Gerade in Zeiten von Klimawandel, Insektensterben und dem Strukturwandel in den Braunkohleregionen hätte es hier konkreterer und ehrlicher Aussagen bedurft.
Die Fachregierungserklärung „Moderne Umweltpolitik mit innovativen Lösungen für Sachsen“ hat der sächsische Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft auf der Sitzung des 6. Sächsischen Landtages am 11. April abgegeben. Dabei sprach er unter anderem die Themen Natur- und Artenschutz, Nitratproblematik, Waldumbau und Forstwirtschaft sowie Bergbaunachsorge an und zog – zum Erstaunen des NABU Sachsen – zu den meisten Punkten eine positive Bilanz.
„Es ist zweifelsfrei, dass es Erfolge im Umweltbereich gibt, wie beim Hochwasserschutz, einer verbesserten Wasserqualität oder auch beim Schutz ausgesuchter einzelner Arten“, bestätigt Bernd Heinitz, Landesvorsitzender des NABU Sachsen. „Andere Dinge werden jedoch schöngeredet oder finden gar keine Beachtung in der Regierungserklärung.“ So fällt das für Sachsen mehr als relevante Stichwort Kohleausstieg überhaupt nicht, stattdessen spricht der Minister von einem weitgehend selbstregulierenden Wasserhaushalt sowohl hinsichtlich der Wassermenge als auch einer guten Wasserqualität in der Bergbaufolgelandschaft. „Und dass obwohl jeder weiß, dass angesichts der braun gefärbten Flüsse in der Lausitz und im Südraum Leipzigs sowie dem Einsatz von Kalkbooten auf den Tagebaurestseen noch über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, Nachsorge betrieben werden muss“, bemängelt Heinitz.
Nitratbelastung der Böden beschäftigt gerade nicht nur Sachsen, sondern auch die Bundesrepublik: Gegen sie ist derzeit eine Klage der EU wegen Überschreitung der Grenzwerte anhängig. Auch im Freistaat wird der hohe Nitrateintrag in Böden und in die Luft keinesfalls alleinig durch den durchaus sinnvollen Einsatz von Robotertechnik bei der Bodenbearbeitung gesenkt, wie Schmidt suggeriert. Hier bedarf es weiterer Maßnahmen, „zum Beispiel durch eine komplett umgestellte Bewirtschaftung der Flächen“, schlägt Heinitz vor.
Dringend: im Artenschutz aktiv werden und Biotopverbünde schaffen
Ebenso muss beim Artenschutz dringend mehr getan werden, wenn es nach dem NABU Sachsen geht: „Die brütenden Offenlandarten haben zu knapp 90 Prozent abgenommen. Der Rückgang bedarf, richtig erkannt, aktiven Handelns, sagt der Minister“, gibt Bernd Heinitz wieder. „Jedoch vermissen wir genau das.“ Aktiv könnte Sachsen etwa durch den Ankauf von Flächen Biotopverbünde schaffen. Sinnvoll wäre auch die Überführung von Natura-2000-Gebieten in nationales Recht. Konkrete Aussagen werden überdies vermisst zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, hier beispielsweise der Verbesserung der Durchgängigkeit an Wasserkraftanlagen, zu Naturreservaten im Wald und zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie.
„Wir haben schon den Eindruck, dass Staatsminister Schmidt sich der bestehenden Probleme bewusst ist“, sagt NABU-Landesvorsitzender Heinitz, „doch trotz bekannter Symptome werden dem Land Sachsen statt der notwendigen Radikalkur weiter nur Globuli verordnet – so kann die Natur nicht gesunden.“