Was machen Sie mit unseren 114 Euro?
Der NABU im Gespräch mit EU-Abgeordnetem Peter Jahr
21. September 2018 - Im Schnitt zahlt jeder EU-Bürger 114 Euro im Jahr für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Geld, das für landwirtschaftliche Betriebe, die Entwicklung des ländlichen Raums und für sogenannte Greening-Maßnahmen ausgegeben wird. Leider bleibt der Naturschutz dabei derzeit auf der Strecke. Zu wenig der insgesamt 58 Milliarden Euro aller EU-Bürger werden tatsächlich für naturverträgliche Landwirtschaft ausgegeben. Konkrete Forderungen des NABU beinhalten unter anderem die Abschaffung des Gießkannenprinzips – wonach die Gelder pro Hektar Flächenbesitz vergeben werden – zu Gunsten einer gezielten Förderung ökologischer Maßnahmen. Diese und andere Vorschläge könnten nun in der anstehenden Reform der GAP Europas umgesetzt werden, die Ende 2020 ansteht. Daher nahm der NABU die Einladung des noch jungen Europavereins in Borna zu einer Diskussionsrunde am 18. September mit dem Europaabgeordneten Dr. Peter Jahr gern an. Sebastian Strumann, Campaigner für Agrarpolitik beim NABU Bundesverband, und Maria Vlaic, Mitarbeiterin im Projekt Saxony⁵ des NABU Sachsen, besuchten Borna.
Jahr spricht aus eigener Erfahrung, er ist selbst Landwirt. Die eine oder andere Forderung des NABU kann er nachvollziehen. Er will sich für längere Programmlaufzeiten einsetzen und unterstützt die Forderung nach einer breiten Fruchtfolge auf den Feldern, um die Vielfalt zu erhöhen. Das käme auch dem Naturschutz zugute. In anderen Punkten vertraten die Gesprächspartner recht unterschiedliche Meinungen. Die 2. Säule, die die Entwicklung des ländlichen Raumes enthalte, müsse erhalten bleiben, forderte Jahr. Ein klarer Diskussionspunkt, denn das NABU-Modell sieht die Auflösung dieser Säule zugunsten konkreter Naturschutzmaßnahmen vor, denn die Förderung des Naturschutzes in der Landwirtschaft muss attraktiver werden. Jahr bemängelt, dass Landwirte generell als naturschutzfeindlich dargestellt würden: Längst nicht alle Bauern betreiben intensive, konventionelle Landwirtschaft. Viele nutzen die Förderangebote und setzen bereits jetzt einzelne oder mehrere Naturschutzbausteine wie Ackerrand- und Blühstreifen um. Dies werde aber oft nicht von der Öffentlichkeit wahrgenommen.
Mehr Biodiversität in die Landwirtschaft
Ob Hamsterstreifen, Gebäudebrüter oder Schmetterlingswiesen: Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren. Im sogenannten Greening werden zwar viele dieser Maßnahmen gefördert, sie sind aber nicht immer effektiv umzusetzen, wie auch der NABU kritisiert. Im neuen Projekt Saxony⁵ zeigt der NABU Sachsen einfache Maßnahmen, die Biodiversität zu erhöhen.
Trotz (oder gerade wegen) gelegentlicher Uneinigkeit an diesem Abend überreichte der NABU Jahr den 114-Euro-Schein der NABU-Agrarkampagne – verbunden mit der Frage: Welche Art von Agrarpolitik möchten Sie mit Ihren 114 Euro unterstützen? Seine Antwort: Damit die Biene und der Landwirt gemeinsam eine Zukunft haben!