Die Naturherberge Schmalzgrube, Treffpunkt für die 31. Feldherpetologischen Tage - Foto: Wolf-Rüdiger Große
31. Feldherpetologische Tage
Fast 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beteiligten sich an den Exkursionen und Vorträgen und nutzten das traditionelle Beisammensein an den Abenden zum persönlichen Erfahrungsaustausch. Der Schwerpunkt der Exkursionen befand sich inmitten des großen Waldgebietes in der Umgebung der Bergstadt Marienberg im Mittleren Erzgebirge, Erzgebirgskreis. Der Fokus lag auf den Hochmooren und deren Gewässern. Der Klimawandel machte sich auch hier folgenschwer bemerkbar. Letztes Jahr waren alle Gewässer in verschiedenen Mooren, welche kontrolliert wurden, ausgetrocknet. Aktuell führen die Gewässer angesichts vieler Niederschläge im Winter 2023/2024 sehr gute Wasserstände. Aus diesem Raum lagen bisher kaum Daten zur Herpetofauna vor, so dass hier auch teilweise Neuland begangen wurde. Die Erfassung der Amphibien- und Reptilienarten ist in dieser Gegend besonders wichtig, weil zu dem Vorkommen von Amphibien und Reptilien in den Grenzbereichen der Erzgebirgischen Kammlagen in der Landesartendatenbank so gut wie keine Daten vorliegen. Zum Schließen dieser Lücke wollten wir bei unserem Treffen gemeinsam aktiv werden.
Das Exkursionsziel galt der Erfassung der Amphibien- und Reptilienarten in den Kammlagen des Erzgebirges. Dazu kontrollierten wir zuvor ausgebrachte Reusenfallen, kescherten und suchten in den Landhabitaten nach Quartieren. Kartiert werden sollten ein typischer Fischteich, drei ehemalige Floßteiche als dystrophe Moorgewässer sowie Grabenstaue und Laichgewässer, welche vom Forst im Rahmen eines Moorrenaturierungsprojektes angelegt wurden. Außerdem suchten wir in den Mooren u.a. nach der Kreuzotter. Sie ist das Reptil des Jahres 2024, und auch in unserem Exkursionsgebiet gab es im letzten Jahrzehnt einen massiven Bestandseinbruch ihrer Art.
Am Freitagnachmittag trafen wir uns in der Unterkunft, der Naturherberge mit Herz, Hammerwerk-Schmalzgrube e. V.. Das Exkursionsprogramm eröffnete Dr. Wolf Rüdiger Große, Vorsitzender des LFA Feldherpetologie/Ichthyofaunistik im NABU Sachsen, mit einem Bericht zur Arbeit des LFA in den letzten zwölf Monaten und den daraus resultierenden Veränderungen in den Fachstrukturen des NABU Sachsen. Anschließend stellte Andreas Püwert das Exkursionsgebiet vor. Eine erste Nachtexkursion startete dann in das Preßnitztal, eines der schönsten Täler im Erzgebirge, um nach Bergmolch und Feuersalamander zu suchen. Die erste Gruppe begab sich auf den Rundweg um das Hammerwerk und fand beim Ausleuchten des Baches zwei adulte Grasfrösche am Bachrand. Allerdings blieb die Suche nach Larven vom Feuersalamander erfolglos. Auch der Stauteich oberhalb Hammerwerk war ohne jeden Tierbesatz und auf dem Rückweg konnten ebenfalls keine Amphibien nachgewiesen werden. Im leeren Pool vor der Herberge fanden sich eine einjährige Kreuzotter, ein Teichmolchmännchen in Landform und viele Laufkäfer. Die zweite Gruppe wanderte entlang der Preßnitz und fand etliche adulte Grasfrösche, jedoch keine Feuersalamanderlarven.
Der Samstag begann mit einer Halbtagsexkursion zum Wald/Offenlandgebiet zwischen Ansprung-Rübenau-Kühnhaide und dem Besuch des Fischteiches und der Moorgewässer.
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Kontrolle eines Moorgewässers zwischen Ansprung-Rübenau-Kühnhaide - Foto: Roland Männel
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Erwachsene weibliche Ringelnatter (Natrix natrix), von der Seite schön zu sehen sind die typischen gelben Flecken - Foto: Roland Männel
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Juvenile Zauneidechse (Lacerta agilis) - Foto: Roland Männel
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Das Objekt der Interesses: ein Bergmolchweibchen - Foto: Roland Männel
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Große Torfschwebfliege (Sericomyia silentis) - Foto: Roland Männel
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Erkunden. Beobachten. Fotografieren. - Foto: Lothar Andrä
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Ein weiteres Moorgewässer, das auf der Tagestour am Samstag besucht wurde - Foto: Roland Männel
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Rast im Wald - Foto: Lothar Andrä
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Gemischtes Publikum beim Fototermin mit einem Bergmolch - Foto: Roland Männel
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Bachverbindung zwischen den Moorgewässern - Foto: Roland Männel
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Reste einer vom Waschbär gefressenen Erdkröte, von Totengräber-Käfern nachgenutzt - Foto: Roland Männel
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Suche „auf Sicht“ nach Amphibien und Reptilien im Umfeld des Gewässers - Foto: Roland Männel
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Erläuterungen zum Gewässer und den Reusenfallenergebnissen durch Andreas Püwert - Foto: Roland Männel
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Eine in dieses Gewässer illegal eingesetzte Bachforelle in einer ausgebrachten Reusenfalle. - Foto: Roland Männel
Untersuchungsergebnisse an den Teichen:
1. Teich: Fischteich unterhalb der Herberge, in den Kleinfischreusen zwei Teichmolche, dazu eine Erdkröte auf dem Zuweg, ein Grasfrosch am Ufer.
2. Teich: Moorgewässer Achterteich, in den Kleinfischreusen etwa 600 Erdkrötenkaulquappen, einige Grasfroschkaulquappen, am Ufer sehr viele Fraßreste (Häute der Erdkröten) vom Waschbär, rings um den Teich im Flachwasser sehr viele Erdkrötenkaulquappen.
3. Teich: Ulesdorfer Teich, Verlandung von Moorgewässer mit Schwingrasenresten aus Torfmoos, Wollgras, Sumpfschachtelhalm und Sumpfveilchen, in den Fallen ein Bergmolch und ein Teichmolch, Kaulquappen vom Grasfrosch, Gewässer reich an Libellen- und Köcherfliegenlarven, mehrere adulte Grasfrösche im Uferbereich.
4. Teich: Lehmhaideteich, Moorgewässer mit teilweisem Schilfgürtel, Torfmoosbewuchs am Ufer, Schermaus-Männchen in der Netzreusenfalle, Kaulquappen von Grasfrosch und Erdkröte, einige adulte Grasfrösche in der Umgebung des Gewässers und am lichten Waldrand, ebenso viele adulte und juvenile Waldeidechsen (ein juv. Schwärzling dabei), gingen bis ans Ufer des Moorgewässers, drei Ringelnattern (unter ihnen ein großes Weibchen, sich sonnend auf trockenem Schilf), zwei Kreuzottern auf den Sonnenplätzen im lichten besonnten Waldrand des Nordufers.
Am Nachmittag überraschte uns Familie Püwert mit einem Kaffee- und Kuchenbuffet am Rastplatz Lehmhaideteich. Der Jubel über die Kaffeepause mit selbstgebackenem Kuchen war groß, an dieser Stelle gleich ein besonderer Dank an die Familie.
Am Abend gab es einen weiteren Höhepunkt, den Vortrag „Moore – bedrohte Reste der erzgebirgischen Landschaft“. Schwerpunkt waren die Hochmoore auf dem Erzgebirgskamm, ihr Erhalt und die Revitalisierung im Angesicht des Klimawandels. Referent war der bekannte erzgebirgische Moorforscher und Libellenspezialist Dr. Thomas Brockhaus, NABU-Mitglied aus Jahnsdorf/Erzgebirgskreis. In einer kurzen Übersicht stellte er uns einige spezielle Moorarten (Eiszeitarten in Mitteldeutschland!) vor. In dem Zusammenhang spielten die Maßnahmen in abgebauten, entwässerten und neuerdings wiedervernässten Mooren eine besondere Rolle, da wir ja am Folgetag eine derartige Landschaft besuchen wollten. Also freuten sich alle auf die Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora alpestris) oder den Schmetterling Hochmoorgelbling (Colias palaeno). Die Spannung war aufgebaut! Für ein privat initiiertes Buchprojekt „Moore in den Sächsischen Landschaften“ von über 50 ehrenamtlich tätigen Moorspezialisten, Naturschützern, Geologen, Hydrologen, Meteorologen und Biologen wurde abschließend vom Referenten geworben und von den Tagungsteilnehmern reichlich gespendet (https://www.moore-sachsen.de).
Der Sonntag wurde zum Besuch des Moorgebiets auf dem Erzgebirgskamm zwischen Satzung-Reitzenhain im Erzgebirgskreis auf einer Höhe von 790-820 m ü. NN genutzt. Hier besichtigten wir das Moorgebiet Philipphaide. Mit einer Fläche von ca. 45 Hektar gehört die Philipphaide zu den großen Mooren des sächsischen Erzgebirges (https://moor.naturpark-erzgebirge-vogtland.de/index.php?id=372). Wir fanden auch seltenere Arten wie Schlangenbärlapp, Rauschbeere oder Rotfrüchtige Flechte. Herpetologisch erfreute uns eine Blindschleiche, mehr ließen die niedrige Temperatur und die Bewölkung nicht zu. Dafür rief ein Tannenhäher im Hintergrund und ein Birkhuhnbalzplatz wurde gefunden, sodass die Sonntagsexkursion ebenfalls ein voller Erfolg wurde.
Die Artenliste der FHT 2024 wurde unter Verwendung von Beobachtungen aller Beteiligten und in Rücksprache mit Andreas Püwert von Silke Bertram erstellt. Amphibien und Reptilien sind vollständig, Vögel, Schmetterlinge, Libellen und Mollusken ebenso. Von den Pflanzen wurden nur charakteristische und seltene der einzelnen Untersuchungsgebiete erfasst.