Schutz, Erhalt und Entwicklung der Leipziger Auenlandschaft
NABU Sachsen stellt Gesamtkonzept vor
2825 Hektar umfasst das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) Leipziger Auensystem – das trotz unübersehbarer menschlicher Nutzung und Überprägung ein verhältnismäßig naturnaher Auwald ist. Jedoch: Gerade in den letzten 100 Jahren haben wasserbauliche Maßnahmen zu einer massiven Bedrohung der Flusslandschaft geführt. Vor allem der Bau der Neuen Luppe und der damit verbundene Grundwasserentzug sowie die weitreichenden Eindeichungen haben die Flüsse von ihrer Aue getrennt und führen zu einer schleichenden Austrocknung.
2018 hat die Stadt Leipzig den Dialog mit den Naturschutzverbänden aufgenommen, um ein Konzept zur Rettung des Leipziger Auwaldes zu erstellen. Ein Jahr später hat sich auch das Land Sachsen des Themas angenommen und ein Auenprogramm veröffentlicht. Schutz, Erhalt und Entwicklung der sächsischen Auenlandschaften müssen zukünftig eine zentrale Rolle beim Erhalt der Biodiversität, beim Klimaschutz und Hochwasserschutz spielen. zudem dienen sie den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Der NABU hat für die Leipziger Auenlandschaft konkrete Forderungen formuliert, die über das Wasserregime hinausgehen. Denn in einer urbanen Auenlandschaft, wie in Leipzig und Schkeuditz, spielen auch Faktoren wie Infrastruktur, Besiedlung, Tourismus und wirtschaftliche Nutzung eine große Rolle.
Ein Konzept für die Aue des NABU in Leipzig
Der NABU fordert ein Konzept zum Umgang mit der Leipziger Auenlandschaft, das für alle Akteure – auch für Behörden in allen Verwaltungsbereichen – bindend ist. Dieses Konzept muss zunächst frei jeglicher Rahmenbedingungen erdacht und diskutiert werden.
Der NABU betrachtet folgende Aspekte besonders:
Siedlungs- und Gewerberaum
Infolge der Jahrhunderte wasserwirtschaftlicher Maßnahmen, die zum Austrocknen der Landschaft führten, sind die Siedlungen immer näher an den Auenrand und schließlich in die Aue hinein gewandert. Dieser Trend hält bis heute an und steht einer tatsächlichen Auenrenaturierung entgegen. Die Einengung der Aue erhöht die Fragmentierung und stört den Biotopverbund erheblich. Die Zersiedlung der Aue durch Erschließen von Siedlungsraum und Bau von Verkehrsinfrastruktur muss beendet und, wo möglich, zurückgebaut werden.
Land- und Forstwirtschaft
Auen sind empfindliche Ökosysteme, die durch intensive Landwirtschaft erheblich gestört werden. Ein strenges Dünge- und Pestizidverbot sowie eine Umwandlung der Ackerflächen in extensives Grünland bzw. Weideflächen ist im gesamten FFH-Gebiet Leipziger Auensystem unabdingbar. Zudem dürfen landwirtschaftliche Flächen von einer natürlichen bzw. naturnahen Auendynamik (Grundwasserdynamik und Hochwasser) nicht ausgespart werden. Auch forstliche Auwaldflächen dürfen nicht durch Deiche von Fluss und Hochwassern getrennt werden. Der NABU unterstützt zudem eine traditionelle, extensive forstliche Bewirtschaftung des Auwaldes mit dem Schwerpunkt der Förderung auen- und standorttypischer Baumarten. Die forstliche Bewirtschaftung muss im gesamten Auwald den Zielen der Auenentwicklung dienen und diese fördern.
Fragmentierung
In allen Fließgewässern ist die ökologische Durchgängigkeit zu gewährleisten. Dies ist auch eine Forderung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Im Sinne des Biotopverbundes sind die Auen Leipzigs (Südaue, Nordwestaue, Parthenaue, Zschampertaue und Rietzschkeaue) zu fördern und miteinander zu verbinden. Dem Elsterbecken kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu, aber auch die „ans Licht geholten“ Gewässer müssen dem Biotopverbund dienen und entsprechend naturnah gestaltet werden. Die notwendige Auen- und Fließgewässerdynamik muss insbesondere bei Bau oder Instandsetzung von Verkehrsinfrastruktur, Brücken und ähnlichem berücksichtigt werden. Die Verbindung von Fluss und Aue ist zu verfolgen – Deiche müssen rückverlegt werden.
Wasserwirtschaft
Das integrierte Gewässerkonzept muss den ökologischen Belangen entsprechend komplett neu überdacht werden. Die verfügbaren Wassermengen und Ansprüche, zum Beispiel von Kläranlagen einerseits und dem Auenschutz anderseits, sind neu zu betrachten und Maßnahmen zu ergreifen, um beides in Einklang zu bringen. Die eingetieften Sohlen beispielsweise der Neuen Luppe müssen für ein funktionierendes Ökosystem angehoben werden, Wehre, wo möglich, zurückgebaut, Ufer und Gewässerprofil natürlich oder wenigstens naturnah gestaltet und Gewässerunterhaltungsmaßnahmen auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Wechselnde Wasserstände in den Flüssen inklusive regelmäßig wiederkehrender Hochwasser stellen das Leitbild einer Auenlandschaft dar, das es zu verfolgen gilt. Hierfür sind Maßnahmen zum schnellen Abtransport bereits kleinerer Hochwasser der falsche Weg.
Übernutzung
Das Wassertouristische Nutzungskonzept ist zu überdenken. Durch ein Wege und Lenkungskonzept lassen sich sensible Bereiche schonen, attraktive Angebote für Freizeit und Bildung können ein Mehrwert für Besucher der Auenlandschaft sein und ein Beitrag zur Steuerung der Besucherströme. Umweltbildung, die gezielt die Bevölkerung für die Belange des Auenschutzes sensibilisiert, darf nicht vernachlässigt werden. Informationsangebote steigern die Akzeptanz von Naturschutz- und Lenkungsmaßnahmen.
Die zukünftige Leipziger Auenlandschaft aus Sicht des NABU
Die urbane Auenlandschaft durchzieht die Großstadt Leipzig in den Augen des NABU wie ein grünes Band. Die Bürger der Städte Leipzig und Schkeuditz identifizieren sich stark mit diesem wertvollen Naturraum, nutzen ihn schonend als Erholungsraum und engagieren sich für dessen Erhaltung. Die Fließgewässer verfügen über eine naturnahe, möglichst ungeregelte Dynamik, die neben saisonal variierenden Grundwasserspiegeln auch Hochwasser in die Aue bringen. Die Überschwemmungen des Auwaldes sind in ihrer Stärke nicht begrenzt, sodass auch Sedimenteintrag, -ab- und um-lagerungen möglich sind. Die Umwandlung von Acker in extensiv genutztes Grünland vervollständigt das auentypische Mosaik aus Wasser, Wald und Wiese.