Der Fliegenpilz ist „Pilz des Jahres 2022"
Sein leuchtend roter Hut mit den weißen Punkten (die sogenannten Hüllreste) ist das auffälligste Merkmal des Fliegenpilzes. Sogar Personen, die weniger sicher in der Pilzbestimmung sind, erkennen den bis zu 20 cm großen Amanita muscaria sofort. Unter der Huthaut verbirgt er gelb-orange gefärbtes Fleisch und weiße Lamellen. Auch sein Stil und die darüber hängende Manschette sind weiß. Ab 1900 taucht der Fliegenpilz verstärkt als Glückspilz, Schmuck und Kitsch in tausenden Varianten auf. Doch obwohl dieser schöne Pilz so verlockend aussieht, sollte man ihn lieber nicht essen. Nach dem Verzehr treten geweitete Pupillen, ein rasender Puls, Krämpfe sowie zentralnervöse Störungen auf. Ein tödlicher Giftpilz ist der Lamellenpilz jedoch nicht, trotz seiner Verwandschaft zu Knollenblätterpilzen. Einst nutzte man gezuckerte und eingeweichte Stücke des „Mückenschwammes“ als Fliegenfänger. Berauscht fielen die Insekten nach dem Genuss in eine Flüssigkeit, wo sie ertranken.
In einigen Kulturen wird der Fliegenpilz auch heute noch als Rauschmittel gebraucht, besonders bei den Schamanen in Sibirien. Beim Trocknen des Früchtkörpers entsteht Muscimol aus der im Fliegenpilz vorkommenden Ibotensäure. Die Wirkung trübt das Bewusstsein durch Sinnestäuschungen, verzerrt stark die Realität und führt seltener zu Tobsuchtsanfällen. Das Muscarin und die Ibotensäure führen außerdem zu Erbrechen und verursachen einen heftigen Kater. Da beide Stoffe stark im Urin bestehen bleiben und dieser noch mehr Muscimol enhält, wird er bei rituellen Praktiken oft wiederholt getrunken. Auch Rentiere berauschen sich gerne an Fliegenpilzen. Heute wird die medizinische Wirkung jener Inhaltsstoffe wissenschaftlich untersucht.
Der Fliegenpilz wählt als Symbiosepartner sowohl Laub- als auch Nadelbäume. Er ist in der Lage, Bäume über ihr Wurzelwerk miteinander zu verbinden. Außerdem profitieren die Bäume vom Wasser und den Nährstoffen, die sie über die Baumwurzel vom Fliegenpilz geliefert bekommen. Im Gegenzug erhält er Zuckerverbindungen, die er nicht selbst produzieren kann. Der Austausch geht über die von Pilzfäden umhüllten Wurzelspitzen vonstatten.