Abschussfreigabe eines Wolfes des Rudels Rosenthal ist ein Schuss ins Dunkle!
Erste Entscheidung einer Wolfstötung in Deutschland aufgrund wirtschaftlicher Schäden ist nicht nachvollziehbar
Der NABU ist der Auffassung, dass die Abschussbewilligung eines Wolfes durch das Landratsamt Bautzen und das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft vom 29.10.2017 im Widerspruch zur Rechtslage des Bundesnaturschutzgesetzes steht (§45). Demnach müssen vor einer ausnahmsweisen Entnahme eines streng geschützten Tieres zuvor alle möglichen Alternativen ausgeschöpft sein. Nach den dem NABU vorliegenden Informationen sind im Fall des Rosenthaler Rudels eben nicht alle zumutbaren sowie erfolgversprechenden Herdenschutzmaßnahmen eingesetzt worden: in vergleichbaren Fällen konnten durch den Einsatz von Herdenschutzhunden betroffene Herden nachhaltig vor Übergriffen geschützt werden. Entsprechende Hilfs- und Unterstützungsangebote bzgl. sowohl des zeitnahen als auch kostenneutralen Einsatzes von Herdenschutzhunden lagen von mehreren Seiten vor.
Weiterhin bestehen beim NABU sehr große Bedenken hinsichtlich der Form der Entnahme. Der beauftragte Schütze kann innerhalb weniger Vorgaben nach eigenem Ermessen einen Wolf seiner Wahl erschießen. Die rechtlichen Vorgaben sehen jedoch vor, dass sich eine Entnahme nur auf ein bestimmtes, zuvor definiertes Individuum beziehen muss – jenes, das für die wiederholten Übergriffe nachweislich verantwortlich ist. Nach den vorliegenden Informationen ist ein solches Individuum im Falle des Rosenthaler Rudels nicht einmal genetisch identifiziert. Diese Erkennungsmaßnahme ist eine übliche Praxis im Wolfsmanagement.
Der NABU sieht aus den vorgenannten Gründen daher die Notwendigkeit, Widerspruch gegen die Genehmigung des Landratsamtes Bautzen zu erheben und einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht zu stellen. Diese Schritte wurden mit Meldung vom 3.11.2017 durch die Grüne Liga e. V. umgesetzt. Ein paralleles Vorgehen des NABU würde zu keinen weiteren zusätzlichen Erkenntnissen führen und stattdessen unnötige Verwaltungsarbeit verursachen. Daher verzichtet der NABU auf einen zweiten Widerspruch.
Der aktuelle Vorgang im Landkreis Bautzen wirft die Frage auf, ob der Managementplan für den Wolf in Sachsen in seiner jetzigen Form einen ausreichenden Rahmen für einen fachgerechten Umgang mit Wiederholungsfällen von Übergriffen auf Weidetiere bietet. Daher steht die Frage, ob es dazu weiterer juristischer oder gutachterlicher Bewertungen bedarf, aktuell im Zentrum der Arbeit des NABU-Wolfsprojekts.
Eine Strafanzeige gegen die Person des Umweltministers und des Landrates, wie sie von anderen Personen offenbar eingereicht wurde, ist nach der gegenwärtigen Einschätzung des NABU nicht zielführend, um Rechtsverstöße im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes zeitnah klären zu können.
Für den NABU steht an erster Stelle, dass Herdenschutzmaßnahmen professionell und gemäß des Managementplans angewandt werden. Alle diese Maßnahmen sind passive Maßnahmen und werden auf den Weideflächen umgesetzt, damit sie gegenüber allen Wölfen in einem Territorium wirksam sind. Die Tötung eines Wolfes ist nicht zielführend, da von ihr kein Lerneffekt auf das restliche Rudel ausgeht.
06.11.2017