Für die Zukunft gesunder und lebendiger Wälder in Sachsen
NABU Sachsen beschließt Position zu Wald und Wild
Am letzten Märzwochenende beschlossen Delegierte von NABU-Gruppen aus ganz Sachsen auf ihrer 15. Landesvertreterversammlung in Leipzig ein Positionspapier des NABU Sachsen zum Thema „Wald und Wild“. Darin geht es um zukünftige große Herausforderungen an die Wälder im Freistaat und an unsere Gesellschaft durch sich ändernde Umweltbedingungen und den Klimawandel. Nur ein gemeinsames Handeln aller Beteiligten kann zielführend sein. Der NABU Sachsen fordert daher die Beteiligten in Waldbesitz, Forstverwaltungen, Jagd und Naturschutz zur gemeinsamen, konstruktiven Arbeit für einen zukunftsfähigen Wald in Sachsen auf.
Der Klimawandel hat auch die Wälder in Sachsen erreicht. Warme und trockene Frühjahre und Sommer werden unseren Waldbäumen in Zukunft noch mehr zu schaffen machen als sie es heute schon tun. Wälder leiden allerdings nicht nur unter dem Klimawandel, sondern tragen durch die Speicherung von Kohlenstoff und die Sauerstoffproduktion auch aktiv zur Abmilderung des Klimawandels bei. Die Wälder haben damit nicht nur eine besondere Bedeutung für die Pflanzen und Tiere des Ökosystems Wald, sondern dienen vor allem als Lebensgrundlage für die Menschen im Freistaat. Für die Anpassung der Wälder an den Klimawandel ist die natürliche Verjüngung des Ökosystems Wald mit all seinen Baum- und Straucharten von elementarer Bedeutung. Nur ein Wald, in dem die ökologischen Verjüngungs- und Evolutionsprozesse ungestört ablaufen können, kann sich auf ändernde Umweltbedingungen wie z. B. Klimawandel oder erhöhte Stickstoffeinträge optimal einstellen und bietet einen Lebensraum für die Gesamtheit der waldbewohnenden Tier- und Pflanzenarten. Die sächsischen Wälder waren gravierend durch Rauch und den sogenannten sauren Regen beeinträchtigt – die Kämme des Erzgebirges waren ohne gesunde Bäume. Beim Waldumbau setzt man (zumindest teilweise) auf Mischwälder. Quasi unterstützend hinzu kam das Hochwasserereignis aus dem Jahr 2002. Die Fichtenmonokulturen an den Hängen zeigten hier nur ein geringes Retentionsvermögen. Der Anteil an Naturwaldreservaten (Urwälder) in Sachsen ist, nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mit 0,06 Prozent, noch viel zu gering. Hingegen der Anteil an einschichtigen Waldbeständen liegt bei, im Bundesdurchschnitt gesehenen, guten 32,9 Prozent. Der Orkan Kyrill im Jahr 2007 war für die sächsischen Wälder ein weiteres einschneidendes Ereignis, das die Anfälligkeit vieler Waldbestände verdeutlicht hat. Doch hatte der Orkan nicht nur Auswirkungen auf die Wälder, sondern hat in den Folgejahren auch dazu beigetragen, dass die Wilddichten unseres heimischen Schalenwildes durch veränderte Biotopstrukturen und erschwerte Jagdbedingungen stark anstiegen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass überhöhte Wildbestände in Deutschland pro Jahr etwa 150.000 Tonnen Kohlenstoff aus dem Speicher Naturverjüngung entziehen und damit die Kohlenstoffspeicherung in unseren Wäldern entscheidend einschränken.
Angepasste Wildbestände sind eine Grundvoraussetzung für die naturnahe Verjüngung der Wälder mit all ihren Baum- und Straucharten. Nur wenn Waldflächen und Wilddichten miteinander im Einklang sind, können sich Haupt- und Nebenbaumarten ökologisch verjüngen. Die aktuellen Strategien zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel sind daher nur mit entsprechend angepassten Wildbeständen zu erreichen.
Der NABU Sachsen bekennt sich daher zu den folgenden Punkten
1.
Der Wald bildet die Lebensgrundlage für unzählige Tier- und Pflanzenarten und durch seine Kohlenstoffspeicherung und Sauerstoffproduktion auch für die Menschen im Freistaat.
2.
Die natürlich verbreiteten Schalenwildarten sind ein fester Bestandteil des Ökosystems Wald.
3.
Für die Zukunft des Waldes in Zeiten des Klimawandels muss der Wald auf ganzer Fläche die Möglichkeit zur naturnahen Verjüngung mit all seinen Baum- und Straucharten haben, da nur so die Vorteile der evolutionären Anpassungsprozesse zur Entfaltung kommen können.
4.
Arten-, Alters- und Strukturvielfalt sind die entscheidenden Elemente für einen Wald, der sich ändernden Umweltbedingungen (Klimawandel, Stickstoffeintrag) anpassen kann. Diese Bedingungen lassen sich durch gezäunte Pflanzung allein nicht herstellen.
5.
Die wiederkäuenden Schalenwildarten dürfen dabei nicht der limitierende Faktor für die ökologische Verjüngung des Waldes sein.
6.
Der Anteil von Urwäldern (Naturwaldreservaten), das heißt von jeglicher Bewirtschaftung ausgenommenen Wäldern, ist auf mindestens 5 Prozent zu erhöhen. Ohne die Mithilfe und Kooperation von Jägerschaft, Naturschutz, Waldbesitzern und den forstlichen Zusammenschlüssen (z. B. Forstbetriebsgemeinschaften), lassen sich die Wälder nicht auf die Herausforderungen des Klimawandels vorbereiten. Jägerschaft und Waldbesitzer tragen daher gleichermaßen große Verantwortung für die Zukunft unserer Wälder und damit auch unserer Gesellschaft.