Die zwei Seiten der Mistel
Heilpflanze breitet sich in Sachsen aus, mit fatalen Folgen für Obstbäume – befallene Äste jetzt zurückschneiden
Im Winter sieht man sie von weitem: Misteln. Den kugelig wachsenden Pflanzen werden Heilkräfte nachgesagt – und das nicht erst seit Asterix und Obelix. Die Laubholz-Mistel (Viscum album) ist deutschlandweit auf dem Vormarsch. Auch in Teilen Sachsens wird sie für Obstbäume zunehmend zur Gefahr. Der NABU Sachsen schlägt daher Alarm – vor allem mit Blick auf Streuobstwiesen mit ihrem wertvollen Bestand an alten, oftmals seltenen Apfelsorten.
In Nordsachsen und auch im Dresdener Raum sind Misteln inzwischen zum echten Problem geworden. Die Pflanzen leben als Halbschmarotzer und entziehen dem Wirt mit ihren Saugwurzeln Wasser und Nährstoffe. Besonders gefährlich wird es für Bäume, die nicht rechtzeitig und regelmäßig gepflegt werden.
Der NABU Sachsen rät daher, befallene Obstbäume jetzt, im Spätwinter und im zeitigen Frühjahr, zu beschneiden. Äste mit Mistelbefall sollten mindestens 30 bis 50 Zentimeter ins gesunde Holz zurück abgesägt werden. Damit kann die Ausbreitung der Pflanze in der Regel gestoppt werden, wenn der Baum noch nicht zu stark angegriffen ist. Andere Bekämpfungsmethoden, wie etwa das Abschneiden der Misteln oder ihr Abdecken mit schwarzer Folie, haben sich nicht als erfolgreich erwiesen. Besonders häufig betroffen sind Apfelbäume sowie Ebereschen, auch als Vogelbeere bekannt. Keine Gefahr besteht hingegen für Birnen, Kirschen, Pflaumen oder Zwetschgen.
Für die Verbreitung der Misteln hat sich die Natur einen besonderen Trick einfallen lassen: Ihre weißen Früchte sind extrem klebrig. „Viele Vögel naschen gern an den Beeren. Ein Teil der Früchte bleibt dabei an ihren Schnäbeln haften. Wetzen die Vögel den Schnabel an einem Zweig oder hinterlassen dort ihren Kot, kleben die Mistelsamen an der Rinde des künftigen Wirtsbaumes fest. So kann sich die Mistel über mehrere Kilometer verbreiten“, erklärt Lutz Röder vom NABU Erzgebirge. Mindestens 27 Vogelarten haben die Mistelbeeren auf dem Speiseplan, darunter die vergleichsweise seltene Misteldrossel und der Seidenschwanz, ein Wintergast aus Skandinavien und Russland, aber auch häufige Arten wie Sing- und Wacholderdrossel.
Die Laubholz-Mistel breitet sich nahezu flächendeckend in Deutschland aus. Auffällig stark hat sie sich auch in den Streuobst-Beständen, beispielsweise in Eilenburg, Hainichen und Dresden, vermehrt. Hier gehen NABU-Fachleute mittlerweile von einer Gefährdung dieser Streuobstbestände aus. In Dresden liegen die Ursachen für die Verbreitung der Misteln auf Obstwiesen auch in ihrem massenhaften Vorkommen auf Hybridpappeln. Inzwischen hat der NABU an verschiedenen Orten in der Elbaue von Dresden begonnen, Hybridpappeln durch die vom Aussterben bedrohte Schwarzpappel zu ersetzen. Auf dieser Baumart siedeln sich Misteln nicht an. Entwarnung gibt es vorerst für das Erzgebirge. Der NABU Erzgebirge und die Naturherberge Affalter, die zahlreiche Streuobstwiesen mit Hochstamm-Obstbäumen bewirtschaften und das Obst der Wiesen vermarkten, haben das Vordringen der Mistel noch nicht bestätigt.
Misteln wachsen vergleichsweise langsam. Erst im zweiten Jahr bildet sich der erste verzweigte Spross mit ledrigen Laubblättern. Bis die Pflanze ihre typische kugelige Form erreicht, vergehen viele weitere Jahre. Misteln können dabei bis zu 70 Jahre alt werden. Vor allem von Böden, die stark mit Stickstoff versorgt sind, profitieren die Misteln enorm.
Als Ursachen für die Ausbreitung der Mistel sehen die NABU-Experten vor allem die unregelmäßige Pflege von Streuobstbeständen. Daneben begünstigen wohl auch klimatische Veränderungen, wie lange Trockenphasen und der daraus resultierende Stress für die Obstbäume, den Vormarsch. Gleichzeitig rückt die Mistel auch in höhere Lagen vor, inzwischen befällt sie Bäume in Lagen über 1.000 Meter. „In vielen Gegenden hält sich zudem das hartnäckige Gerücht, Misteln stünden unter besonderem Schutz – das ist falsch. Sie dürfen geschnitten werden und sollten es auch“, so Lutz Röder.
Nach Ansicht des NABU sind längst noch nicht alle Fragen zur Ausbreitung sowie Methoden zur Bekämpfung der Mistel geklärt. Daher fordern die Streuobst-Experten von den Obst-Forschungseinrichtungen in Bund und Ländern, die Ausbreitung der Mistel systematisch zu untersuchen, biologische Bekämpfungsmethoden zu erproben und Kommunen sowie Verbände über den jeweils aktuellen Stand in Sachen Forschung und Bekämpfung zu informieren.
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im NABU-Naturschutzzentrum im Botanischen Garten Chemnitz, Teilnahmegebühr 5 Euro - Obstbaumschnitt und -pflege am 18.03.2017 ab 9.30 Uhr
in Dresden OT Altmockritz mit der NABU-AG Kaitzgrund - Kurs „Veredlung und Reisertausch“ am 01.04.2017 von 10 bis 12 Uhr, mit Manfred Schrambke (Pomologenverein)
im NABU-Naturschutzzentrum im Botanischen Garten Chemnitz, Teilnahmegebühr 5 Euro - Sommer-Obstbaumschnittkurs mit dem NABU Partheland in Taucha
Termin wird noch bekannt gegeben
Saft in BIO-Qualität aus Obst von NABU-Streuobstwiesen
Apfelvielfalt von Streuobstwiesen des NABU Sachsen ist als wohlschmeckender Saft u. a. beim NABU Erzgebirge in Chemnitz, in der Naturherberge Affalter in 08294 Lößnitz OT Affalter, in den NABU-Naturschutzstationen Teichhaus Eschefeld und Biberhof Torgau, beim NABU-Landesverband in Leipzig und in ausgewählten Bio-Läden erhältlich.