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Landesdirektion erlaubt Biberabschuss im Biosphärenreservat

Naturschutzverbände protestieren scharf

Sachsen erlaubt erstmals, Biber im Schutzgebiet Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft zu töten. Umweltverbände kritisieren die Entscheidung und schlagen vor, Schäden mit einfacheren Schutzmaßnahmen zu verhindern und die Flächen ökologischer zu bewirtschaften.

Biber - Foto: Sven Möhring

Biber - Foto: Sven Möhring

2. Oktober 2025 - Nach wiederholten Schäden durch Biberaktivitäten an wirtschaftlich genutzten Teichen eines Betriebs im Biosphärenreservat erteilte man eine Ausnahmegenehmigung für Lebendfang und Umsiedlung oder, falls das nicht möglich ist, den Abschuss von Bibern in dieser Teichgruppe bis Mitte März 2026.

Die Naturschutzverbände sehen in diesem Bescheid einen gefährlichen Präzedenzfall, der die Glaubwürdigkeit des Schutzgebiets untergräbt und zukünftig die Möglichkeit aufzeigt, bei Konflikten aufwändige Präventionsmaßnahmen einzusparen.

Forderungen der Naturschutzverbände

NABU Sachsen, BUND Sachsen, NaSa e.V. und Grüne Liga Sachsen fordern die Landesdirektion auf, die Ausnahmegenehmigung umgehend zurückzunehmen und den Fokus auf innovative Prävention und naturnahe Bewirtschaftung zu legen. Eine weitere Möglichkeit wäre es, alternative Flächen zur Bewirtschaftung anzubieten, um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Die Bedeutung des Bibers für Wasserhaushalt, Biodiversität und Klimaanpassung muss endlich anerkannt werden.

Die Landesdirektion erlaubt den Abschuss, da sie die kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen eines Einzelnen über den langfristigen ökologischen Nutzen und die Wiederbesiedlungsdynamik des Bibers stellt. Naturschutzverbände kritisieren diese Entscheidung als nicht nachhaltig und fordern stattdessen dauerhafte, konfliktarme Lösungen im Sinne des Schutzgebiets.

Helen Garber (BUND Sachsen, Geschäftsführerin): „Die Klimakrise schreitet voran und mit ihr wächst die Herausforderung, Wasser in der Landschaft zu bewahren, um zunehmender Knappheit vorzubeugen. Genau hier kann der Biber einen unschätzbaren und zugleich kostengünstigen Beitrag leisten. Seine Art verdient daher unsere besondere Aufmerksamkeit und sorgfältige Förderung.“

Tobias Mehnert (NaSa e. V., Vorsitzender): „Man sollte meinen, dass es die normalste Sache der Welt ist, wenn eine europarechtlich besonders geschützte Art neuen Lebensraum in einem Naturschutzgebiet findet. Umso unverständlicher ist die Entscheidung der höheren Naturschutzbehörde, dem Biber das Lebensrecht in einem solchen abzusprechen. Die Teiche sind Eigentum des Freistaates Sachsen. Insofern ein Pächter die Flächen nicht mehr mit Bibern bewirtschaften möchte, wäre es angebracht, einen neuen Pächter zu finden. Die Naturschutzverbände stehen bereit, die Teiche zu übernehmen und mit dem Biber zu leben.“

Maria Vlaic (NABU Sachsen, Vorsitzende): „Der Biber wird in der Zukunft wichtiger denn je sein. Seit Jahren warnen Wissenschaftler vor Dürren und Starkregen als Folgen des Klimawandels. Wer den Biber heute bekämpft, verschärft morgen die Probleme in der Landschaft. Es gilt, Landbewirtschaftung und Naturschutz neu und gemeinsam zu denken.“


Hintergrund:
Die Rückkehr des Bibers nach Sachsen gilt als Erfolg des Artenschutzes. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert fast ausgerottet, überlebte nur eine kleine Restpopulation im Norden Sachsens. Seit den 1980er Jahren unterstützte man die erneute Ausbreitung des Bibers durch Schutzmaßnahmen und verbesserte Lebensräume. Inzwischen hat sich die Population erholt und verbreitet. In anderen Teilen Deutschlands wurde der Biber sogar aufwändig ausgewildert. Zudem wandert seit einigen Jahren der „osteuropäische Biber“ nach Ostsachsen ein. Er gehört zur gleichen Art wie der Elbebiber und genießt denselben Schutzstatus. Ihn anders zu behandeln, wäre fachlich nicht haltbar. Heute prägt der Biber Sachsens Fluss- und Teichlandschaften und steht für gelungene Renaturierung und die Rückkehr natürlicher Prozesse. In Deutschland ist er streng geschützt: Er fällt unter Anhang IV der FFH-Richtlinie der EU und § 7 Abs. 2 Nr. 14 des Bundesnaturschutzgesetzes.

Der Biber spielt eine Schlüsselrolle bei der Renaturierung. Er speichert Wasser in der Landschaft – ein unschätzbarer Beitrag, besonders in der durch den Braunkohleabbau stark veränderten Lausitz. Bald werden dort riesige Tagebaulöcher geflutet, und die Wasserverhältnisse ändern sich erneut grundlegend. In dieser Umbruchphase hilft der Biber, Feuchtgebiete zu bewahren und Wasser zu halten – ein Gewinn für Natur und Klima in einer Landschaft, deren Fließgewässer fast vollständig zerstört sind. Gerade in einem Biosphärenreservat, das Vielfalt und natürliche Prozesse schützen soll und als Vorbild für das Zusammenspiel von Mensch und Natur gilt, ist die Entscheidung der Landesdirektion, den Biber zu töten, besonders fragwürdig.

Erfahrungen aus Bayern zeigen: Tötungen lösen das Problem nicht. Die Schäden stiegen nahezu im gleichen Maß wie die Zahl der getöteten Biber (2023 etwa 2500 Tiere). Frei gewordene Reviere werden rasch neu besiedelt, der Effekt bleibt kurzfristig. Um die Abschüsse dennoch zu rechtfertigen, behauptet die Landesdirektion, Barrieren wie Straßen, Siedlungen und unberührte Fließgewässer würden eine Wiederbesiedlung verhindern. Damit kehrt sie die Versäumnisse des Freistaats bei Biotopverbund und Flächenschutz zu ihrem Vorteil um und nennt es „Prävention“. Doch die Biber überwinden diese Hindernisse längst – wenn auch unter Verlusten. Es droht ein sinnloser Kreislauf aus Töten und Wiederbesiedeln.


Biber - Foto: Gottfried Kohlhase

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