Dr. Maria Vlaic, Landesvorsitzende des NABU Sachsen. Foto: Robert Beske
12. Fachtagung zum Schutz des Elbebibers in Sachsen
Rückblick



Elbebiber. Foto:Sven Möhring
20. Mai 2025 - Am 9. und 10. Mai 2025 versammelten sich mehr als 100 Fachleute, Ehrenamtliche und Interessierte zur 12. Fachtagung des NABU Sachsen zum Schutz des Elbebibers. Die Kombination aus digitalen Vorträgen und einem Begegnungstag im Landgasthof Pressel verwandelte die Tagung in ein lebendiges Forum. Sie war ein emotionales und fachlich fundiertes Plädoyer für eine zukunftsorientierte Natur- und Wasserpolitik, bei der der Biber nicht als Störfaktor, sondern als natürlicher Mitgestalter begriffen wird.
Der Biber als Schirmart und Klimaretter
Der Elbebiber ist ein aktiver Architekt ökologischer Vielfalt. Während Versiegelung, Entwässerung und Flussbegradigung über Jahrzehnte das Rückgrat vieler Feuchtbiotope gebrochen haben, bringt der Biber durch seine Dämme und Burgen das Wasser zurück in die Landschaft – und mit ihm eine Fülle von Leben.
Maria Vlaic, Landesvorsitzende des NABU Sachsen, formulierte es in ihrer Eröffnungsrede eindrucksvoll: Der Biber halte das Wasser in der Landschaft – und das sei entscheidend für unsere Zukunft. Seine Leistungen erfolgen ohne Maschinen, ohne finanzielle Unterstützung und doch mit langfristiger Wirkung. Wer den Biber duldet, unterstützt zugleich natürliche Renaturierung.
Im Vergleich mit anderen ökologischen Schlüsselarten wie dem Fischotter oder dem Kranich zeigt sich, dass der Biber nicht nur ein Indikator für funktionierende Ökosysteme ist, sondern auch ein wesentlicher Treiber biologischer Vielfalt. Seine Wiederkehr ist das Resultat jahrzehntelanger Schutzbemühungen – und ein Mahnmal dafür, wie schnell diese Erfolge auch wieder gefährdet sein können.
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Gottfried Kohlase im Gespräch. Foto: Robert Beske
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12. Bibertagung: Dr. Antje Weber und Karl-Andreas Nitsche. Foto: Robert Beske
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Ehrung von Gottfried Kohlhase (M) (Jan Schöne, Dr. Maria Vlaic). Foto: Robert Beske
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Roland Krönert,NABU Sachsen, ehem. Projektmanager Naturschutzgroßprojekt PHMG führte die Exkursion in den Zadlitzbruch und das Presseler Heidewald- und Moorgebiet
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Johanna Michaelis und Dr. Maria Vlaic. Foto: Robert Beske
Vom Aussterben zur Erfolgsgeschichte mit Schattenseiten
Die Bestandsentwicklung des Elbebibers in Sachsen liest sich auf den ersten Blick wie eine Erfolgsgeschichte. Von nur 32 Revieren im Jahr 1973 hat sich der Bestand auf rund 690 Reviere mit etwa 2.500 Tieren erhöht. Die Ausbreitung umfasst mittlerweile weite Teile des Landes, von der Elbe und Mulde bis zur Schwarzen Elster und in das Einzugsgebiet der Spree.
Doch der Schein trügt. Dr. Ulrich Zöphel vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zeigte auf, dass sich in manchen Regionen, darunter der Raum Dresden und einigen Abschnitten der Elbe, Mulde sowie der Schwarzen Elster, eine gegenläufige Tendenz beobachten lässt: Die Zahl unbewohnter Reviere nimmt zu. Hauptursachen sind die Vertiefung von Flussläufen, das Versiegen von Nebengewässern und die anhaltende Trockenheit infolge des Klimawandels.
Dr. Antje Weber vom Arbeitskreis Biberschutz des NABU Sachsen-Anhalt präsentierte eine umfassende Untersuchung aus dem Drömling, bei der Totfunde von mehr als 200 Bibern ausgewertet wurden. In den Trockenjahren 2017 bis 2020 zeigte sich ein dramatischer Rückgang der Trächtigkeiten. In manchen Jahren blieben Hinweise auf Nachwuchs völlig aus. Die fehlende Wasserführung zur Paarungszeit und während der Jungenaufzuchtphase erschwerte nicht nur die Fortpflanzung selbst, sondern setzte die Jungtiere auch einem höheren Risiko durch Prädatoren aus. Der vollständig ehrenamtliche Arbeitskreis wertet tot aufgefundene Biber aus und schlussfolgert aus Mangel verlässlicher, öffentlicher Beobachtungsdaten auf Risikofaktoren und Fortpflanzungserfolge.
Die Frage nach dem Biberabschuss
Ein politisch aktuelles und auf der Tagung besonders emotional diskutiertes Thema war die Frage nach der sogenannten "letalen Entnahme" von Bibern. Karl-Andreas Nitsche aus Sachsen-Anhalt referierte über aktuelle Regelungen und Praxisbeispiele, besonders kontrovers diskutiert ist dabei die „letale Entnahme“ von Einzeltieren oder ganzen Familien in den Konfliktbereichen.
Der Abschuss einzelner Tiere kann die soziale Struktur von Biberfamilien massiv stören. Jungtiere wandern schneller nach, Konflikte verlagern sich, anstatt zu verschwinden. Hinzu kommt die geringe Effektivität solcher Eingriffe: Aktuelle Zahlen aus Bayern belegen, dass der Abschuss von Bibern nicht, wie erhofft, zu weniger Konfliktfällen führt. Solange Lebensräume attraktiv bleiben, werden sie erneut besiedelt. Der vermeintliche Erfolg ist meist kurzfristig.
Der Biber ist eine gesetzlich geschützte Art und steht für eine natürliche Renaturierung, die in vielen politischen Strategien gewünscht ist. Ein Abschuss wirkt da wie ein Rückschritt. Die eigentlichen Ursachen der Konflikte, so die einhellige Meinung vieler Tagungsteilnehmenden, lassen sich nicht mit dem Gewehr, sondern nur mit Weitsicht, Planung, politischem Gestaltungswillen und Kommunikation lösen.
Beispiele gelebten Engagements
Die Tagung zeigte, dass wirksamer Artenschutz nicht bei Analysen und Zahlen endet, sondern konkrete Handlungen erfordert. So wurde im Drömling nach jahrelangen Auseinandersetzungen mit zuständigen Stellen der Einbau von Kleintiertunneln unter der L22 durchgesetzt. Diese Querungshilfen reduzierten die Zahl der Verkehrsopfer nachweislich und demonstrierten, wie technischer Fortschritt und Naturschutz in Einklang gebracht werden können, wenn der Wille zur Lösung besteht.
Teil der Erfolgsgeschichte Biber ist die NABU-Naturschutzstation Biberhof Torgau, deren Schwerpunkt der Biberschutz ist. Sie feiert 2025 ihr dreißigjähriges Bestehen. Der Biberhof verbindet Bildungsarbeit mit praktischer Naturschutzarbeit - ein Ort des Lernens, der Begegnung und der aktiven Revierbetreuung. Auch die Biberkompetenzzentren in Sachsen und Sachsen-Anhalt, deren Arbeit auf der Tagung vorgestellt wurde, sind wichtige Ansprechpartner für Biberfreunde und Landnutzer, die mit dem Biber in Konflikte geraten.